:: Der Mitarbeiter: Autor seiner Prozesse ::

Das Dilemma ist allen Qualitätsverantwortlichen bekannt: Qualität findet jeder im Unternehmen wichtig ......

... nur nicht nach den Regeln des Qualitäts-Handbuchs!
Jeder Mitarbeiter im Unternehmen hat seine eigene Vorstellung von Qualität und ihrer täglichen Umsetzung. Und nun versuchen Manager seit gut 2 Jahrzehnten, Qualität über Standardisierung zu erzwingen!? "Nicht mit mir!", denken da viele Mitarbeiter und verlassen sich eher auf ihre Erfahrung und Intuition als auf Prozessdefinitionen, die oftmals ein wünschenswertes Alltagsbild aus Sicht von Managergehirnen darstellen.

Keine Übereinstimmung mit der Realität - keine Identifizierung - keine Akzeptanz: kein Wunder! Wer lässt sich schon gerne seinen Job anders erklären, als man sich dies selbst erarbeitet hat. Zudem fehlen im Qualitäts-Handbuch ja die ganzen kleinen Informationsbausteine, die man sich selbst im Laufe der Jahre erarbeitet hat: die praktische Excelliste, den Kniff bei der ERP-Eingabe, den Shortcut fürs Intranet oder die hilfreiche Regel in Outlook. "All dies ist mein Verdienst und gehört daher auch mir." rechtfertig der Mitarbeiter seinen Individualbesitz.

Bedenkt man, dass in einem mittelständischen Unternehmen mit sagen wir 500 Mitarbeitern, ein Anteil von rund 30% Wissenarbeitern (= Mitarbeiter, der mit Informationen, Ideen und Fachkenntnissen arbeitet) beschäftigt sind, so verfügt das Unternehmen über einen Wissensschatz von ca. 150 Mitarbeitern. Nur leider ist dieses Wissen in einzelnen Köpfen gespeichert, nicht recherchierbar und nicht mit den Prozessen verknüpft, für die es hilfreich wäre.

Es fehlen also zwei wichtige Voraussetzungen, um Standardvorgaben aus einem Qualitäts-Handbuch attraktiv zu machen: die Möglichkeit, dass der Mitarbeiter seine Prozesse mitgestaltet und die Anreicherung realitätsnaher Prozesse um Informationsbausteine aus den Köpfen der Mitarbeiter. Ich nenne diese Bausteine Prozesswissen, durch dass ein Prozess erst umsetzbar wird.

Wie schafft man diese zwei Voraussetzungen?

Die Lösung ist zunächst keine Frage der Organisation oder Technologie sondern eine der Unternehmenskultur: Sollen meine Mitarbeiter aktiv an der Gestaltung des Qualitäts-Handbuchs und seiner Prozesse beteiligt werden? Dürfen sie inhaltlichen Einfluss auf die Prozessbeschreibungen nehmen?
Kann ein Unternehmen dies für sich mit Ja beantworten, sind weitere organisatorische und technologiesche Schritte hin zur Mitarbeiterbeteiligung möglich.

Aus technologischer Sicht ist für das Qualitäts-Handbuch eine Plattform zu wählen, die für alle einfach zu bedienen, schnell und auch mobil verfügbar ist. Laut einer Studie aus 2012 erfolgt die Dokumentation von Qualitäts-Handbüchern bei 2/3 der befragten Unternehmen immer noch in Papier oder einzelnen Dateien (Quelle: orgavision, Juni 2012).
Hier bieten sich im Jahr 2012 wesentlich bessere Alternativen, allen voran ein Unternehmenswiki, welches die gemeinsame Pflege von Prozessen ermöglicht.

Aus organisatorischer Sicht gilt es, diese neue Plattform richtig zu konzipieren, zu strukturieren und einzuführen. Dabei ist der Auftrag eines solchen Systems von entscheidender Bedeutung. Welchen Nutzen bringt das Wiki für das Unternehmen auf allen Hierarchieebenen? Kann die Geschäftsleitung den Nutzen nicht formulieren, wird es für die Projektleitung schwer, das Wiki in Akzeptanz und Anwendung zu bringen. Des Weiteren gibt es Hürden z.B. bei der Vorstrukturierung der Wikibereiche, der Motivation der Anwender und der Abgrenzung zu bestehenden Applikationen.

Gelingen die Vorbereitungen, werden die Mitarbeiter aktiv an der Gestaltung ihrer Prozesse arbeiten. Nicht weil sie müssen (der Zertifizierungsanspruch bleibt) sondern weil es ihnen Nutzen bringt, die selbstgestalteten Prozesse mit dem Prozesswissen im Alltag zu verwenden.

Somit wird der Mitarbeiter zum Autor seiner Prozesse, geleitet durch einen verantwortlichen Prozesseigentümer. Die Attraktivität eines solchen Qualitäts-Handbuchs ist durch das Prozesswissen und den Realitätsbezug stark aufgewertet. Die Aktualität der Prozesse durch den eigenen Anspruch und Schreibzugriff der Mitarbeiter sicher gestellt. Und die Akzeptanz ergibt sich aus der Werthaltigkeit der verknüpften Informationen eines solchen Qualitäts-Wikis: Prozesse, Dokumente und Wissen auf einer Plattform verknüpft und mit Volltext recherchierbar.

Was ist damit erreicht? Nicht weniger als die "3A" eines angewandten Managementsystems: Attraktivität, Aktualität und Akzeptanz. 

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